Ich war letztens auf einem Friedhof
spazieren. Das hört sich möglicherweise makaber an, aber es wirkte
sehr beruhigend auf mich. Meine Kopfhörer in den Ohren, ließ ich
mich von Opernmusik und Liedern von Marlene Dietrich beschallen
(,,Sag mir, wo die Blumen sind")
und dachte über das Leben und den Tod nach. Mich ließ die Frage
nicht los, was mit den Gräbern geschieht, wenn sich irgendwann
keiner mehr um sie kümmert, nicht mehr bezahlt. Diese werden, dem
Internet zufolge, "eingezogen". Auf einigen Grabsteinen
standen Geburts- bzw. Todesdaten aus dem 19. Jahrhundert. Für mich
kam die Frage auf, wer diese Gebühr noch bezahlt für Verwandte, die
schon so lange tot sind und die man gar nicht mehr
persönlich kannte. Wird wohl jemand in 100 oder eher 200, 300 Jahren
mein Grab pflegen? Wohl eher nicht. Berthold Brecht sagte einst: „Der
Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“ Also
sollten wir der Nachwelt doch ein positives Bild von uns
hinterlassen, wenn wir sterben oder um es wie Albert Schweitzer zu
sagen: ,,Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die
wir hinterlassen,wenn wir weggehen."
Wer weiß schon, was nach dem Tod kommt?
Niemand. Ob man an den Himmel oder die Wiedergeburt, Nirwana oder
Nichts glaubt - das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich kann
mir jedoch nicht vorstellen, dass einem nach dem Tod alle anderen
Toten auf der Straße begegnen wie in Sartres "Das Spiel ist aus". Hoffnung ist jedoch das, was uns oft am Leben hält.
Hoffnung auf ein schönes Leben, Hoffnung, dass es nicht vorbei ist,
wenn wir sterben.
Mit diesem Essay möchte ich betonen,
dass wir unser Leben auf Erden doch viel mehr schätzen und unsere
Mitmenschen mehr lieben und respektieren sollten. Natürlich kann man
nicht jeden mögen, nicht mit jedem befreundet sein, aber man sollte
immerhin freundlich miteinander umgehen. Wie oft streiten wir
uns wegen Kleinigkeiten mit unseren Liebsten und gehen am Ende
getrennte Wege, weil der Stolz sich zu entschuldigen oder sich zu
versöhnen einfach zu groß ist? Was wäre, wenn dieser Mensch, mit
dem man momentan verstritten ist, morgen nicht mehr da wäre? Würde
man sich nicht wünschen die Zeit zurückdrehen zu können, um der
verstorbenen Person noch etwas sagen zu können? Im Tagebuch der Anne Frank
findet man die Phrase: ,,Tote bekommen mehr Blumen als Lebende, weil
Reue stärker ist als Dankbarkeit." Schade, oder?
Guido Westerwelle ist im März 2016
verstorben. Was man von seiner politischen Arbeit hielt, ist jedem
selber überlassen. Jedoch möchte ich euch einige seiner Worte zu
Herzen legen:
Versöhnt euch, vertragt euch. Bedankt
euch bei Kassierern, wünscht einen schönen Tag, lächelt, wenn ihr
fremden Menschen auf der Straße begegnet, haltet Türen auf. Seid
immer freundlich und höflich. Es sind nämlich diese Kleinigkeiten,
die unser Leben lebenswert machen.
Es ist eben nicht alles
selbstverständlich. Deswegen solltet ihr vor allem dankbar für das
sein, was ihr habt. Ein Dach über dem Kopf, Freunde, Familie und vor
allem, dass ihr gesund seid. Wenn ihr jemanden etwas sagen möchtet,
dann tut es jetzt und schiebt es nicht auf. Das Leben ist zwar kurz,
aber es ist doch soooo schön. Macht das Beste daraus.
Fühlt euch gedrückt,
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