Donnerstag, 11. Januar 2018

Warum wir über Depressionen sprechen müssen

"Wenn du einen gebrochenen Arm hast, bemitleidet dich jeder, bei einer gebrochenen Seele sieht es keiner." Die Zahl der Menschen mit Depressionen steigt weltweit. Rund 350 Millionen Menschen leiden darunter. Und es kann jeden treffen. Zudem werden Menschen, die eine Therapie machen, oft als "verrückt" degradiert. Damit müssen wir aufhören!
 
In einer konsumgestörten, digitalisierten Welt verlieren wir den Fokus auf das Wesentliche. Ich hatte bereits in meinem Artikel "In der Luft schwebend" davon gesprochen.
Immer mehr Menschen suchen sich professionelle Hilfe und dies sollte man auch tun, wenn man keinen Ausweg findet. Nach dem Tod von Chris Cornell von Soundgarden oder Chester Bennington von Linkin Park, sieht man wie tragisch diese heimtückische Krankheit enden kann. Deswegen möchte ich euch für das Thema sensibilisieren.

Auf Grund von schlimmen Ereignissen in meiner Vergangenheit ging es mir eine Zeit lang sehr schlecht. Ich war in dem Sinne nicht depressiv, sondern hatte eine sogenannte "depressive Phase", die bei jedem Menschen auftreten kann, der traumatische Dinge erlebt hat. Diese müssen keine Misshandlungen sein, sondern schon Dinge wie Liebeskummer, Tod oder Geschehnisse aus der Kindheit, die man nicht verarbeitet hat. Depressionen zeigen sich auf unzählige Arten. Die einen können nicht schlafen, die anderen schlafen den ganzen Tag und kommen nicht aus dem Bett, andere stürzen sich in Arbeit, wieder andere ertränken ihren Frust in Alkohol und Drogen. Die Liste lässt sich unendlich weiterführen.

Wir Mitmenschen können einen Depressiven nicht wirklich retten. Auch Chester Bennington hatte eine liebevolle Familie, Fans und einen Haufen Geld. Trotzdem wählte er den Freitod. Wir sollten jedoch lernen empathisch zu sein. Ob die Depressionen auf Grund eines Traumas oder neurologischer Natur sind, ob man Antidepressiva nimmt oder nicht, spielt für mich keine Rolle. Es geht darum, füreinander da zu sein. Ich kenne einige Leute, die depressiv sind und habe mich geärgert, wenn meine Ratschläge nicht angenommen wurden. Es kann recht frustrierend sein, wenn man mit einer depressiven Person befreundet ist. Viele sagen dann:"Die ändert ja nichts an ihrem Leben. Die soll mal die Zähne zusammenbeissen und aufhören rumzuheulen." Aber diese Menschen tun das nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie einfach nicht können. Man kann Depressionen wahrscheinlich nicht ganz nachvollziehen. Man denkt sich: "Warum steht er nicht einfach morgens auf und erledigt seinen Kram?" Wir müssen verstehen, dass diese Menschen ihr Bestes geben, und das Beste an diesem Tag kann sein, überhaupt aus dem Bett aufzustehen.

Wenn ich Leute treffe, die ich länger nicht gesehen habe, kommt schnell die Frage:"Was macht das Studium?". Smalltalk halt. Letztens traf ich zufällig eine alte Bekannte, die ich ewig nicht gesehen habe. Natürlich stellte sie die Frage und ich antwortete:"Nee, bin noch nicht fertig." Diese Person motzte lautstark daraufhin:"Boahhhh, Gabi!!!" und verdrehte die Augen. Ähmm?  Nicht, dass ich jemanden außer mir selbst Rechenschaft schuldig wäre und normalerweise schmiere ich den Leuten meine Biografie nicht auf's Brot, aber bei der Verurteilung gab ich einen Einblick in das Chaos der letzten Jahre. Naja, dann hieß es "Oh das tut mir leid. Wenn du mal reden willst...". Jaja, bla bla. Thanks for that one...NOT. Denn gemeldet hat sie sich auch nicht. Was ich mit dieser kleinen Anekdote aus meinem Leben sagen will ist, dass wir aufhören müssen Menschen zu verurteilen. Es gibt für viele Dinge Gründe und Erklärungen, jedoch müssen wir nur genau hinsehen oder aufmerksam zuhören. Don't judge a book by its cover.

Ich glaube nämlich nicht, dass es einer depressiven Person Spaß macht "traurig" zu sein oder ihr Leben "wegzuschmeissen". Und Sprüche wie "Reiß dich mal zusammen" sind hier fehl am Platz. Ratschläge kann man geben oder Hilfe anbieten oder einfach ein offenes Ohr haben. Jedoch sollte man keine Wunder erwarten. Alles Schritt für Schritt.

Wenn jemand wie Chester von Linkin Park sich umbringt, ist das Geschrei groß und alle fragen sich, wie es dazu kommen konnte etc. pp. Ich bin deswegen sehr stolz auf Lady Gaga, die ihre Krankheit publik gemacht hat und sich zusammen mit Prinz William gegen eine Tabuisierung von Depressionen einsetzt. Das Video könnt ihr euch hier anschauen.

Natürlich muss man sich um sein Leben kümmern und kann nicht die Probleme anderer zu seinen machen. Es gibt Menschen, die ein perfektes Leben haben, die keinerlei negative Erfahrungen gemacht haben - was sich letztendlich jeder wünscht, nicht wahr? Aber das Leben ist nun mal nicht immer fair.
Aus diesem Grund möchte ich euch bitten, empathisch zu sein, euch in andere hineinzuversetzen, zuzuhören, auch wenn es euch blendend geht. An alle, denen es schlecht geht, holt euch Hilfe. Es ist keine Schande zum Psychologen zu gehen, in Kur zu gehen. Ihr könnt euch auch immer an mich wenden. Jederzeit.

Ich drücke euch,

eure Gabriele


Telefonseelsorge Nummer: 0800 / 111 0 111




Lady Gaga & Prince William #oktosay